Mit meinem geschädigten Herzen kann ich nicht reisen. Nur in in meinen Gedanken. Mit meinem verletzten Bein vermag ich nicht zu wandern. Nur in meiner Vorstellungskraft. Mit dem mehr und mehr angewachse- nen Wissen über mich ist es mir unmöglich mich in Gruppen aufhalten. Nur meine Seele kann alles. Die Sehnsucht, sie bleibt...

Wenn es in meinem Kopf wühlt, als habe ihn eine Axt zertrümmert, dann versuche ich alle äußeren Ein- flüsse auszuschalten. Das Licht, Geräusche, Gerüche. Ich konzentriere mich auf ein einziges Bild. Etwas, das still und starr daliegt. Die Wüste. Alles was sich sonst in meinem Hirn bahnbrechend betätigen will, das lege ich imaginär in ein großes, bauchiges Glas. Darin soll es ruhen, bis ich wieder zur Verarbeitung fähig bin.

Vieles fließt hinein. Nur nicht das stille Meer, dessen Bilder in mir unvergessen sind. Am Abend, wenn der Himmel so unendlich schwarz ist. Und Milliarden Sterne an ihm stehen. Das ist so groß, so unendlich, so überwältigend. Dann spüre ich Gott. Mehr, als ich es in einer Kirche je könnte. Denn sie ist immer von Men- schen gemacht...

Manchmal schlafe ich dann ein. Vermag ein paar der quälenden Stunden auch in dem Glas zu deponieren. Ab und zu nicht. Dann bleibt nur auszuhalten, was nicht zu verhindern ist. Mir Bilder vor dem geistigen Au- ge zu erschaffen, die positiv sind. Mich abzulenken. Weil der Horror stets in der Nacht beginnt. Und in der folgenden endet, wenn ich Glück habe. Die Fantasie erschafft mir einen Heiler, der mit heißen Rollen auf die schmerzverkrampften Schultern tupft. Den Nacken, der mir wie von einem Schwerthieb zerteilt erscheint. Während zugleich die hämmernde Stirn gekühlt wird, damit der Schmerz nicht auf die Augen übergreifen kann, die stets vom Cluster bedroht sind.

Es ist still, der Geruch von Pfefferminz zieht schwach an mir vorbei. Tee kommt mir in den Sinn. Unglaub- lich stark und süß. Ich könnte ihn in diesem Zustand gar nicht trinken. Aber Umschläge mit Pfefferminz auf den Schläfen würden den bohrenden Schmerz lindern. Das stelle ich mir ganz intensiv vor. Und es kann sein, dass ich mich zurückdenken kann. In die Sahara. Nach Marokko. An den Ort, an welchem Zeit keine Rolle zu spielen scheint. Wo der Mensch begreift, wie klein und nichtssagend er ist. Wie weit fort alles, was er bis- her für wichtig gehalten haben mag...

 

 

Reisen ist nichts, was ich im Moment möchte. Es würde mich überfordern, wäre mir viel zu anstrengend. Ein Haus ist mir entgangen deshalb. Superpreis, gut ausgestattet, Bankenverwertung. Der Sand ringsum wäre aus der Sahara gekommen, wie ein verlockender Gruß. Die Flüge wären günstig gewesen, ein Hostal mit Dachterrasse hätte es gegeben. Aber ich konnte nicht. War zu müde. Allein schon, um die Reisekosten aufzutreiben. Es sollte wohl nicht sein. Das Objekt wurde rasch verkauft. "Was wirklich zu Dir gehört, das kannst Du nicht verlieren", so sagt ein Sprichwort. Und ein kubanisches: "Es gibt mehr Zeit als Leben!" Man kann es sich also aussuchen...

Im bald beginnenden Jahr werde ich Berge versetzen (müssen). Weil nichts besser wird, wenn man zu lange wartet. Ich werde Entscheidungen fällen (müssen). Einige werden wehtun. Weil man ohne Schmerzen nicht wirklich Abschied nehmen kann. Es ist gut zu träumen. Von dem, was vielleicht sein könnte. Weil man dann ein Ziel hat. Noch einmal nach Nordafrika. Noch einmal in der Wüste unterwegs sein. Noch einmal das im Feuer gebackene warme Brot essen, den Salat dazu, Datteln. Tee trinken. Die Männer singen hören in der Dunkelheit. Zum Sternenmeer aufschauen, eingekuschelt in den Schlafsack. So tief schlafen, als müsse man nicht weiterziehen am Morgen...

 

 

Sehnsucht ist unheilbar. Vermutlich ist das auch gut so...

 

 

 

( Teil 2 von 4, klicken auf der Leiste im Video unten ganz rechts macht groooß... )

 

 

Wer auch die anderen Teile anschauen mag, der findet sie hier:

 

( Teil 1 von 4 )

 

( Teil 3 von 4 )

 

( Teil 4 von 4 )

 

Schade, dass ich damals bei meiner Trekkingtour noch keine Digitalkamera zur Verfügung hatte...