"Ich muss nach Hause. Aber ich werde eines Tages zurückkommen,

nur kann ich jetzt nicht hier bleiben. Ich gehöre dorthin."

Annemarie Schwarzenbach

 

Ihre Weggefährtin Ella Maillart antwortet:

"Während ich nirgendwohin gehöre - das heißt zugleich: überallhin.

Für mich gibt es keinen Zweifel, du bist eine Dichterin und keine Journarlistin.

Und du musst auf dich schauen, nicht auf einen Krieg."

 

Es ist der Abschied zweier Frauen, die mit ihrem Zelt und einem 18 PS (!) starken Ford 1939 durch einen Orient reisten, den es so nicht mehr gibt. Und niemals mehr geben wird.  Ich denke an meine persische Freundin Zohreh, die mit ihrem Mann abenteuerlich viele Wochen zu Fuß unterwegs sich vor Fanatikern im Iran in Sicherheit bringen musste. Und weder Heimat noch Familie je wiedersehen konnte. Manchmal sagte sie tieftraurig: "Ich hätte bleiben sollen. Bei ihnen. Den Menschen, zu denen ich gehöre von Geburt an. Und in jenem Land, das immer meine Heimat sein wird..."

Ein Urteil maße ich mir nicht an. Warum Menschen handeln, wie sie es tun. In der festen Überzeugung, dass alles was sie tun von Gott (irgendeinem Namens)  so gewollt ist, alle Mittel rechtfertigt. Welchen Glauben man auch immer hat, niemand hat das Recht sich über andere Menschen zu erheben, Urteile zu fällen, Regeln für "richtig" oder "falsch" aufzustellen. Aber es gibt Ursachen dafür. Gewalt die ausgeübt wurde, seit die Erde bevölkert ist. Weil man immer das begehrt, was ein Anderer hat? Weil man Macht aus- üben möchte, um ihrer selbst willen? Die Antworten liegen tief verborgen in den Jahrhunderten der Ge- schichte.

Für mich selbst spielt es keine Rolle wer woher kommt, wohin will, an was auch immer glaubt. Er ist ein Geschöpf dieser Erde, wie ich. Mit den gleichen Rechten und Pflichten. Ich will ihn nicht berauben, aus- beuten, belehren, drangsalieren. Und erwarte diese Gedanken auch von ihm. Es schmerzt mich, dass die Realität anders ist. Und meine Vorstellungen eines Miteinanders offenbar nur eine romantische Vision.

Aber: Die Liebe lebt. Sie vermag noch immer Berge zu versetzen. Und ein steter Tropfen einen Stein zu höhlen. Ja, ich bin vermutlich eine hoffnungslose Romantikerin, wie ein Nachbar es mir einmal hämisch vorwarf. Aber kann es wirklich illusorisch sein, an das Gute im Menschen zu glauben? Welche Möglichkeiten täten sich auf, wenn die Völker ihr Wissen und Können bündelten, um die Welt für alle Bewohner lebens- wert zu machen? Ist das so "un"-denkbar?

Was wäre wenn? Wie es z.B. auf dem Jakobsweg so oft der Fall ist, wo Pilger teilen, was sie haben. Sich in vielen Sprachen kreuz und quer unterhalten, ihr Bett geben für jemanden, der dessen mehr bedarf? Ich habe all' das erfahren dürfen. Mit vielen Nationen gemeinsam gegessen, geschlafen, gelacht, geweint. Denn alle sind Menschen. Und ihre Wünsche unterscheiden sich kaum. Warum ist es so schwierig das zu sehen, was verbindet und offenbar so leicht, immer weiter Hass zu schüren? Ich gehöre jener Generation an, der ein Weltkrieg erspart blieb. Möge sich dies fortsetzen, für meine Kinder und Enkel!

 

Camino de Santiago, Meseta, Herbst 2007

 

Wer fortgeht schaut nach vorn und zurück. In Vergangenheit und Zukunft.

Möge er stets einen Ort des Friedens zur Heimat nehmen. Ganz gleich wo...

 

 

 

 

Wie wir damals war'n
wie wir heute sind

so weit wir auch gingen
nur zerriss'ne Welt

ein geflicktes Zelt
 irgendwo ein Feld aus Gold...