Wenn einer eine Reise... dann kann er was erzählen...“ Stimmt immer wieder. Besonders dann, wenn er dazu die Deutsche Bahn als Transportmittel bemüht. Wie die Rückfahrt ab Ham- burg sich dargestellt hat, davon habe ich schon berichtet. Lange ist kein Mensch mehr in meiner Nähe gestorben – be- ruflich bedingt war das früher oft ganz anders, aber fast immer war es dann ein Prozess, auf den man sich über eine gewisse Zeit einstellen konnte. Der Tod im Zug hingegen kam absolut unerwartet. Damit rechnet man einfach nicht, es gehört nicht zum Alltag. Andererseits in einer Metropole wie Hamburg vielleicht doch. Unfassbar, welche Gewalttaten sich dort an einem einzigen Tag ereignen...

 

Wir denken am 1.November an so etwas überhaupt nicht, sondern freuen uns auf acht Tage im geliebten Portugal. Ganz bewusst haben wir uns nach zwei Aufenthalten in diesem Jahr in Porto nun für den Gegenpart entschieden: Lissabon, die Stadt des Lichts, im Süden. Die Vorbereitungen sind nicht so gelaufen wie geplant. Oder erhofft? Es gab vier Großbaustellen im Haus, außer unzähligen kleinen und einer besonders gra- vierenden. Besonders über diese besteht bei mir Redebedarf. Ganz gewaltig viel muss sich verändern. Damit es bleiben kann wie es ist. In den Ferientagen soll sich Raum und Zeit dafür finden, aus dem Abstand heraus.

Bis quasi zum letzten Moment arbeite ich an meinem eigenen Projekt. Ohne dessen Vollendung würde ich nicht fliegen, das war selbst auferlegter Druck. Prompt fehlten dazu auch noch Teile, die in allerletzter Sekunde doch ankommen, geschliffen, gestrichen und angebracht werden. Dann wird dem Ganzen buchstäblich die (Muschel-)Krone aufgesetzt. Fertig! Wenn wir heimkommen schaue ich auf einen komplett sanierten Haus- eingang. Wenigstens das...

 

Der Druck war offenbar so groß, dass ich prompt einen Mi- gränetag erleide. An weitere Reisevorbereitungen ist nicht zu denken, ich liege in Dunkelheit und Stille mit dem "implo-dierten" Kopf im Bett. Zum ersten Mal erwäge ich gegen Abend, als es quälend langsam besser wird, dass es gewisse Zusammenhänge geben könnte. Und eine „Explosion“ even- tuell viel Druck abbauen würde?!

 

Das hilft in diesem Augenblick allerdings gar nichts und ich packe (was ich in meinem ganzen Leben und vor meinen vielen Reisen noch nie so praktiziert habe), nur Stunden vor dem Aufbruch. Was nimmt man mit im November? Wie wird das Wetter sein? Werden die Abende und Nächte kalt im Häuschen (portugiesische Heimstätten verfügen nur seltenst über den Luxus einer Heizung, die Einheimischen sind daran nicht gewohnt)? Möchte ich evtl. auch mal "chic" aussehen? Meine Wandersandalen sind wohl nicht mehr angebracht? Usw...

 

Dazu sollte man wissen: „Wer wandert braucht nur was er tragen kann!“ Und wer mit Ryanair fliegt, der braucht nur was ins sogenannte Handgepäck passt. Gewicht und Maße genau festgelegt. Dafür kostenlos. Wer mehr mitnehmen möchte darf zahlen. Und manchmal mehr fürs Gepäck, als für den Reisen- den selbst. Das haben wir uns nach dem Caminho Portugues genauestens überlegt und beschlossen: Nur noch Minimal-gepäck! Ich habe mich daraufhin für einen Shopper (eine Art Einkaufstasche mit Rucksackgurten ohne jegliches Zipp und Zapp) entschieden, "der Große" für einen kleinen Trolley mit den erlaubten Daten. Da bleibt nicht viel Spielraum...

 

Dazu kommen die bekannten Vorschriften bzgl. Flüssigkeiten im Flugzeug, also Anzahl und Inhaltsmenge. Demzufolge ha- ben wir 100g, bzw. 100ml Packungen dabei, das muss genü- gen. Meine Auswahl wird auf dem Bett ausgelegt, Zwiebel-schichten werden geplant, Farben die passen sortiert und alles was schwer ist als Reisebekleidung vorgesehen. Also z.B. mei- ne graue Jeans, die Fleecejacke, dazu die -weste, die Merino-leggings, Mütze (man weiß ja nie...). Die Kamera muss unbe- dingt mit, das Ladegerät dazu und mein „Kindle“, denn ohne zu lesen wäre ich undenkbar. Auch der braucht Power. Ach ja, das Buch zur Stadt ist auch noch da und wiegt alleine 600g. Am Ende passt alles in meine kleine Tasche, ich ziehe an was nur geht und fühle mich wie der Yeti auf Urlaub in Mitteleu- ropa. Aber es hilft ja nichts...

 

Der Briefkastenschlüssel ist vergeben, Strom fließt keiner mehr, ein letzter Rundumblick, wir schließen ab und ich er- freue mich noch einmal am Anblick des schönen neuen Holz- portals. Es regnet gerade mal nicht, wir erreichen trockenen Fußes nach einer Viertelstunde unseren kleinen Hauptbahn- hof. Nun gilt es noch das Niedersachsenticket für zwei zu er- werben und die Treppen zum Bahnsteig hinauf und hinab zu klettern. Wie erhofft ist der Zug am frühen Nachmittag recht leer und wir können uns gute Plätze aussuchen. Erst jetzt, da ich schreibe, frage ich mich, wie alles ausgegangen wäre, wenn wir uns nur wenige Reihen weiter vor oder zurück hingesetzt hätten? Wären wir dann überhaupt je in Lissabon angekom- men? Bewusst hatten wir uns gegen eine Fahrt mit dem Auto entschieden. Zu groß die Gefahr eines Staus oder einer Panne unterwegs. Dazu die Spritkosten und der teure Parkplatz am Hamburger Airport. So sind wir auf „Nummer sicher“ gegan- gen. Denken wir jedenfalls.

 

Der Zug rattert über die Eisenbahnbrücke am Delft.

Bremen (in zwei Stunden) ist Umstiegspunkt.

Besser: „wäre“ es. Denn die Fahrt endet bereits in Hude...