Die Windsbräute feiern Hochzeit und führen ihre wilde Tänze schon in der Nacht mit ihrem Bräutigam -dem Sturm- auf. Es klappert, reißt und scheppert überall am Haus, ich liege wach, höre zu, wie es tost und braust...

Unwetterwarnung für die Küste. Morgen soll es nicht anders sein. Doch ich habe einiges zu er- ledigen, also was tun? Man soll auf herabstürzende Dachziegel achten und abbrechende Äste. Dazu müsste man auf der Straße gehen und nicht auf dem Bürgersteig. Schlicht unmöglich. An Schlaf ist nicht zu denken, also bin ich früh auf und prüfe die Lage. Ein Blick aus der 1.Etage hinab auf meinen Bürgersteig beantwortet diese Frage rasch. Die Hochzeitsgäste haben dort vie- le Geschenke hinterlassen...

Die Entscheidung fällt rasch. Also auf zur Stadt. Eingedenk Deiner gestrigen Worte, Edward, die wieder einmal ein kluger Rat waren. So motiviert mich also: Wenn ich heute gehe, so darf ich morgen im Haus bleiben. Beruhigend. Bei der Post ist es voll und ich stehe in einer Schlange. Mit unruhigen Leuten. Überall Bildschirme mit ständig wechselnder Werbung und unten einem Laufband, auf dem die Ereignisse um Paris Dauerthema sind. Wo soll ich hinschauen? Für einen Asperger ist das total irritierend. Zuviel INPUT...

Ausgestanden, weiter zur Bank. Warten, da kein Termin. Riesen - Flatscreen im Sitzbereich, hat schon was von spanischer Bar irgendwie. Viele Kunden kommen und gehen, die Angestellten huschen durch den Kassenraum. Hinter dem großen Glasfenster spielen die Sturmgesellen mit allem, was sich ergreifen lässt. Chaos. Überall. In meinem Kopf versuche ich das zu vermeiden. Jedes Wort zu planen, das ich sagen will. Was fragen. Wie antworten. Weil es wichtig ist...

Da ist ein Haus. Klein. Am Wasser (fast jedenfalls). Es gibt einen winzigen Innenhof. Keine Ein- bauküche, die ich für teures Geld übernehmen müsste und die ich gar nicht brauche. Kein gro- ßes Grundstück, kein Garten, also niedrige Nebenkosten. Es gäbe etwas zu sehen vor dem Haus, aber keinen Rummel, wie hier manchmal. Der Ort hat Geschäfte, Ärzte, eine Bücherei, eine Therme. Alles zu Fuß zu erreichen. Der Kaufpreis liegt im Limit. Die Bank würde mitziehen. Erleichterung...

Schnell noch ein paar Lebensmittel einkaufen. Geht, der Laden ist ziemlich leer, kein Wunder bei dem Unwetter. Sie haben aber kaum etwas, das ich gern hätte. Kompromisse sind also notwen- dig. Wieder denke ich an Spanien, die Wanderungen. Da habe ich auch gekauft und gegessen was es gab. Und sehr viel weniger anspruchsvoll, als viele Pilger um mich her. Ach, all' die Tü- tensuppen auf meinem Mini-Gaskocher, der jetzt so brav die Illusion von etwas Wärme ver- strömt...

Nun kann ich schreiben. Um mehr vom alten Häuschen zu erfahren. Das ich schon bei youtube innen sehen konnte. Wenn ich eine Anschrift habe (oder wenigstens die Straße und den Ort), wird gegoogelt. Was sich da oft alles entdecken lässt! In diesem Fall ein Hinweis auf die letzte Eigentümerin. Nach der ich weiter forsche. Und siehe da:  sie findet sich in einem Video. So kann ich auch gleich sehen was mich erwartet, wenn ich zum damaligen Zustand sechs weitere Jahre der Nicht-Renovierung addiere...

Wir haben gestern darüber gesprochen, dass man auf Gott vertrauen, aber sich selbst schon auch bemühen sollte, nicht wahr, Edward? Um herauszubekommen was er will. Und was ich. Ich finde das immer schwierig, denn man könnte sich in der Kommunikation leicht missverstehen, wo es doch sogar unter Menschen damit nicht so einfach ist... Also hoffe ich immer auf einen unauffälligen Tipp. Okay, manchmal auch mit der Zaunlatte. Da die 5 meine Zahl ist, wäre das z.B. die ideale Hausnummer, oder die 55. Eine Kirche um die Ecke, mit dem Namen "Johannes" wäre auch hilfreich. Aber nichts davon, in diesem speziellen Fall. Das kleine Altstadthaus sperrt sich. Im Beitrag geht die (ur)alte Hausbesitzerin mit dem Filmteam in ihre Werkstatt. Ach?! Was dort an Geräten und Material steht erkenne ich sofort. Es gehört jetzt zum Kaufinventar.

 

Seltsam. Das Leben meiner Mutter kehrt zurück. Denn es war auch ihr Beruf...

Ist dies der Hinweis auf den ich gewartet hatte? Manche Wege sind  unergründlich.