Meine kleine, schützende "Burg" besteht seit der Mittagszeit aus einem kleinwinzigen Zimmer in einem Leeraner Hostel. Aus dem Fenster sehe ich zum Rathausturm der schönen, alten Handelsstadt mit ihrem Hafen an der Leda. Sie hat verstanden, was meiner Heimatstadt Emden 

(mit ähnlichen Voraussetzungen) leider nicht gelungen ist:


Leer hat sich intensiv um seine Altstadt gekümmert und sie im Laufe 

der Zeit fein herausgeputzt. Zahlreiche Museumsschiffe, abgewetztes Straßenpflaster, historische Häuser mit Stockrosen an den Fassaden erinnern mich immer wieder an ähnlich malerische Eindrücke in Dänemark, Schweden und den Niederlanden. Oft habe ich mir gewünscht mein uraltes Haus hierher zu versetzen. 

Es klammheimlich zwischen all' die anderen, auch aus

 dem 16.Jahrhundert stammenden Häuser hinein zu mogeln...


Das ist unmöglich, leider. Aber wenigstens habe ich nun mich 

an diesen schönen Ort gebracht, schaue begeistert auf den großen, früheren Pferdemarkt und einen nostalgischen Kirchturm.


Bemerke, wie das Leben auch sein kann. Nämlich still. Voller Frieden. 

So etwas wie ein ganz bescheidenes Glücksgefühl breitet sich in mir aus. Die Mittagszeit habe ich tatsächlich ausgiebig verschlafen. 

Als würde auch mein Körper Sicherheit empfinden und sich fallen lassen.
Seitdem höre ich Musik  und tanze mit leisen Schritten durch den begrenzten Raum. Diagonal erweitert er sich. Vom stylischen eckigen Waschbecken bis zum schönen Polsterbett und weiter zum schmalen Kleiderschrank, vorbei am Mini-Schreibtisch. 


So viele Jahre habe ich in einem alten Jugendzimmerbett geschlafen, 

mal für 30€ gebraucht aus einer Ferienwohnung gekauft. 

"You will get what you pay for..." Was will man da verlangen?


Viel habe ich nicht bei mir, eher eine Art Wanderausrüstung: ein Paar offene und ein Paar feste Schuhe, fünf Shirts mit und ohne Ärmel, 

zwei Hosen, Unterwäsche, Socken, eine Sportjacke mit Kapuze und meinen Regenmantel, da es seit Wochen wie aus Eimern schüttet...


Eine Packung Milch ist da, ein Glas löslichen Kaffees, ein paar Tomaten sind es, zwei Mini-Gurken, etwas Brot, Quark. Löffel und Messer.


Irgendwie ein Camino, was eigentlich nur Weg heißt, der besonderen Art.

 Aber es ist wohl eher eine Form von Flucht, als ein Pilgerweg. 

Definitiv aber eine Veränderung, die für mich viel zu bedeuten hat. 


Nach jedem "Camino de Santiago" kam ich als veränderter Mensch zurück. Fragte mich, warum ich mich zuvor so "verloren" hatte...
Vielleicht, weil uns daheim der Alltag so sehr im Griff hat. 

Alles ist geplant und berechnet. Jedenfalls glauben wir das. 

Und zwingen uns in diese "All-Tage". Vielleicht, weil sie uns mit der Zeit so vertraut geworden sind, dass wir sie gar nicht mehr infrage stellen?!


In der Fremde unterwegs zu sein bedeutet eben das

Vieles ist unberechenbar. Alles kann geschehen, wenn wir nur genug Mut dafür aufbringen. Und nun? Morgen werde ich durch kleine und kleinste Gassen streifen, die ich noch nicht kenne. In Ruhe fotografieren, am Hafen Kaffee trinken. Menschen anschauen. Dem Leben nachspüren. 

Mehr braucht es im Moment nicht...



Alles ist gut. Hier. Jetzt.
Ich feiere das Leben an diesem 6. August 2023.

Es ist meine Zeit!